Sonntag, 3. Juli 2016

Mut? Selbsterhaltungstrieb? Freche Schnauze?

...über die Wörter in der Überschrift könnte man lange diskutieren, für mich selbst hab ich eine Art Rezept am Anfang entwickelt...

Kurz nach der Diagnose kam alles auf mich zu, von Hoch bis Tief, von Heulanfällen und makabrem Humor. Die ganze Palette! Eigenartigerweise war mir mehr am Herz gelegen, wie bringe ich es meinem Umfeld   - erwachsenen Söhnen, Schwiegertochter in spe, Freunden, wohlbemerkt sehr engen Freunden - bei dass SIE es leicht nehmen können. Irgendwie ist mir das gelungen. Alle bekamen zur Aufgabe mir unter keinen Umständen irgendwelche guten Ratschläge zu geben (so nach dem Motto...wir gehen bei Morgentau in den Wald, bei Ost-West suchen wir ein gelbes Kraut, das wir dann in einem Sud über offenem Feuer kochen, und dann schluckweise getrunken wird, dann geht der Hugo von alleine)...nein, sie bekamen die Aufgabe, einfach normal für mich da zu sein, bitte mit einer Portion dreckiger Witze, und wenn ich nicht kämpfe, mir einen gewaltigen Tritt in den Arsch (das Wort bleibt!!) zu geben. Sie haben sich daran gehalten, dafür danke ich gerade diesen Freunden und meiner Familie!

Dann kam bei mir die Phase Internetrecherche, aber nur gefühlte 2 Tage, dann war Schluss, denn je mehr ich über das ganze Thema gelesen, desto mehr Panik bekam ich. Ich war dann auf dem Trip, es wird gekämpft, nach vorne schauen, und was kommt, kommt halt. Das nenn ich bei mir Selbsterhaltungstrieb.

Und inzwischen bin ich auf dem Trip "Freche Schnauze", weil ich erstens weiß, dass ich endlich leben werden (eigentlich jeder von uns) und zweitens ich in wenigen Wochen 60 werde und ich mir nun Freiheiten nehme! Sollen die anderen entweder das unter dem Thema "die Alte hat einen Schuss" verbuchen oder unter anderen Aspekten. Es geht mir wirklich am verlängerten Rückgrat entlang. Die, die zu mir stehen, machen mit, und die anderen sind inzwischen unwichtig für mich geworden.

Ein paar Personen stehen mir sehr sehr nahe, da ich dort ungeblümt sagen kann, es geht mir gerade beschissen, weil meine Kopfhaut juckt wie bekloppt durch die Chemo, oder ich kann sagen, ich fühle mich gerade sauwohl, und es wird nicht als Gesundung angenommen, sondern einfach als eine Phase, wo es mir wirklich gut geht. Eine Person ist mir ein langjähriger Freund und mein Chef, eine hiesige Freundin kann ich nur bedingt belasten, da sie ihren Bruder vor wenigen Jahren ähnlich verloren hat (nur, da gehen wir davon aus, er hat es lange vor sich hingeschoben) und dann ist da noch eine Freundin der besonderen Art. Wenn sie das liest, weiß sie, dass sie gemeint ist. Ich kenne sie über E-Mail seit - oh, nun wird es peinlich - 6 Jahren oder mehr, wir haben uns durch unser gemeinsamen Hobby kennengelernt, leider - aber das ist mein Plan für 2017 - nicht direkt von Auge zu Auge. Wir wechseln täglich, und dann wohlmöglich stündlich, EMails, reden über jeden "Scheiss", lästern über irgendwelche MännerLaunen oder die krummbucklige Verwandtschaft, diskutieren irgendwelche Hobby-Sachen aus, schicken Päckchen zu allem möglichen und nicht möglichen Anlässen, lesen zwischen den Zeilen, wie es der anderen geht, ab und an gibt es mal auch einen Raunzer von ihr -tja, ich bin manchmal schroff, da muss das sein - sie ist einfach da und doch nicht da und doch da, es muss nicht dauernd von Hugo gesprochen werden, sie tanzt virtuelle mit mir, wenn ich irgendwelche erfolgreiche Hugo-Nachrichten habe...........und JETZT, wo sie das liest, flennt sie Rotz und Wasser........wetten?!?...

DANKE will ich mal auf diesem Weg diesen Personen sagen, gerade bei solchen Lebenssituationen erkennt man seine Freunde....auch die nicht genannten Freunde, die da wären Männer der besonderen Art, da geht die Spanne über knapp 20 Jahren alt bis 50 Jahre alt, die da sind, auch wenn sie nicht neben mir sitzen.

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